Was ist Tantrik Yoga?
Die Kraft der Gegenwart – ein Pfad der Verkörperung und Erkenntnis
Stell dir vor, dein Atem ist ein Tempel.
Jeder Zug ein stilles Mantra. Jeder Moment ein Spiegel deiner Lebendigkeit.
Tantrik Yoga lädt dich ein, diesen Moment zu bewohnen – mit Haut, Herz und Bewusstsein.
Einheit von Körper, Geist und Energie
Tantrik Yoga – ein Begriff, der oft mit tiefer Spiritualität und einem Hauch von Mysterium verbunden ist. Doch hinter der Oberfläche liegt eine klare Einladung: den Alltag nicht zu überwinden, sondern ihn zu durchlichten.
Diese Praxis wurzelt im nondualen Shaivismus, einer tantrischen Lehrtradition, die im 9. Jahrhundert in Kaschmir als Trika-Tantra philosophisch reifte. Ihr Kern: Nicht die Welt ist das Problem – sondern unsere Abwesenheit darin.
Tantrik Yoga erinnert:
Du musst nicht fliehen, um anzukommen.
Du darfst da sein – jetzt, in diesem Atemzug.
Mini-Praxis: Stille im Moment
Ort: Küche, Schreibtisch oder U-Bahn
Dauer: 2 Minuten
Wirkung: Verbindung, Klarheit, Präsenz
Anleitung:
- Nimm eine aufrechte, entspannte Haltung ein. Spüre deine Füße.
- Atme tief durch die Nase ein – bis in den Bauch.
- Atme weich aus – als würdest du innerlich loslassen.
- Wiederhole innerlich ein einfaches Mantra wie „Ich bin da“ oder ein Bīja-Mantra wie „So-Ham“.
- Lass den Atem weiterfließen. Spüre, wie du vom Außen ins Innere sinkst.
Abschlussimpuls:
Dein Atem ist ein Anker.
Er führt dich nicht weg – sondern tiefer hinein.
Wurzeln und Philosophie: Śiva, Śakti und das gelebte Bewusstsein
Die tantrische Bewegung entstand zwischen dem 6. und 9. Jahrhundert in Indien – als eine Antwort auf strenge Askese, lebensfeindliche Weltbilder und patriarchale Systeme. Ihre Botschaft: Alles ist heilig – auch der Körper, das Begehren, der Klang, die Sinneserfahrung.
Tantrik Yoga ruht auf einer tiefen Erkenntnis:
Śiva ist das stille, alles durchdringende Bewusstsein. Śakti ist seine lebendige Kraft.
In ihrer Vereinigung entfaltet sich das Universum – und mit ihm: du selbst.
Konzepte wie Prāṇa (Lebensenergie), Spanda (Ur-Schwingung) und Vimarśa (Selbstreflexion des Bewusstseins) bilden das philosophische Fundament dieser Praxis.
Die Befreiung (mokṣa) geschieht nicht durch Rückzug, sondern durch Erkenntnis im Leben selbst.
Tantrik Yoga im Alltag leben
Tantrik Yoga ist kein Rückzug aus dem Leben.
Er ist eine liebevolle Rückkehr in es hinein.
Zum Beispiel:
- Während du Tee zubereitest – spüre die Wärme der Tasse. Atme.
- Beim Gehen – spüre die Erde unter deinen Füßen.
- Vor einem Gespräch – nimm drei bewusste Atemzüge.
Diese kleinen Gesten sind keine Unterbrechung. Sie sind Praxis.
Reflexion – Deine Fragen für den Weg
- Wo in deinem Tag könntest du bewusster atmen?
- Was bedeutet es für dich, Spiritualität im Alltag zu leben – nicht nur auf der Matte?
- Wie verändert sich dein Erleben, wenn du dich mit einem Mantra verbindest?
Moderne Missverständnisse – und was Tantrik Yoga nicht ist
Der Begriff „Tantra“ wird heute oft verzerrt verwendet – als Kürzel für Körperarbeit, Sexualität oder Esoterik. Doch Tantrik Yoga ist weder Technik noch Verheißung, sondern ein transformativer Erkenntnisweg.
Die Trika-Tradition lehrt:
Nicht was du tust, sondern wie bewusst du es tust, entscheidet über Tiefe.
Ein Beispiel:
Abhinavagupta – Mystiker, Gelehrter, Poet – erkannte:
Der Alltag ist der heiligste Tempel.
Kleine FAQ für Einsteiger:innen
Ist Tantrik Yoga für Anfänger:innen geeignet?
Ja – wenn du bereit bist, mit offenem Geist zu üben. Du brauchst keine Vorkenntnisse. Präsenz ist der Anfang.
Welche Rolle spielt der Körper?
Dein Körper ist kein Hindernis – er ist das Tor. Du erfährst das Heilige nicht trotz, sondern durch ihn.
Wie kann ich beginnen?
Mit einem Atemzug. Mit einem Mantra. Mit einem Moment radikaler Aufmerksamkeit.
Poetischer Ausklang
Tantrik Yoga fragt nicht, ob du bereit bist.
Es fragt nur:
Bist du da?
Mit deinem Atem.
Mit deinem Körper.
Mit deinem ganzen Wesen.
Denn genau hier – beginnt der Weg.
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Tantrik Yoga, Trika-Tantra, nondualer Shaivismus, Śiva und Śakti, Mantra-Meditation, Achtsamkeit im Alltag, Prāṇa, Spanda, tantrische Philosophie, embodied practice, Moksha
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