Was ist Spanda

🌊 Spanda als Erkenntnispraxis

✨ Die subtile Bewegung des Bewusstseins

Spanda bedeutet wörtlich: Puls, Zittern, Vibration. In der tantrischen Tradition bezeichnet es jene feine, lebendige Schwingung, mit der das Bewusstsein sich selbst erkennt – nicht als Objekt, sondern in unmittelbarer Erfahrung.

Diese Erkenntnispraxis ist nicht auf die Yogamatte beschränkt. Sie geschieht mitten im Leben – wenn du innehältst. Wenn du den Moment berührst, bevor du ihn benennst.

🌀 Spanda im Alltag spüren

Du brauchst keine Stillekammer, um Spanda zu erfahren. Es reicht, wenn du aufmerksam wirst für das, was zwischen den Momenten liegt – das leichte Vibrieren in deiner Brust beim Einatmen, das leise Nachschwingen eines Blicks, das innere Pulsieren beim Hören von Musik.

Spanda ist kein Konzept – sondern etwas, das geschieht. Sobald du beginnst zu lauschen.

🧘‍♀️ Meditative Mini-Praxis: Wellen im Körper

Schließe kurz die Augen oder werde weich im Blick. Spüre deinen Körper von innen.

  • Lege eine Hand auf dein Herz oder in die Mitte deiner Brust.
  • Atme langsam ein – und spüre die Ausdehnung.
  • Atme langsam aus – und spüre das Zusammenziehen.
  • Lausche der Bewegung, nicht dem Gedanken.
  • Erkenne: Das, was sich bewegt, ist nicht getrennt vom Erkennen selbst.

🔍 Vertiefende Alltagsbeispiele

Spanda zeigt sich überall – wenn du bereit bist, es wahrzunehmen. Während du einen Löffel Tee umrührst. Wenn der Wind durch die Blätter fährt. In der kurzen Stille, nachdem jemand deinen Namen sagt. Wenn du dich in einer Umarmung auflöst.

Diese Momente sind keine Zufälle. Sie sind Spuren des Spanda – ein Einfließen des Bewusstseins in die Form. Wenn du still wirst, kannst du sie sammeln wie Perlen.

Ein bewusst gesetzter Blick auf dein Gegenüber, das Lauschen auf den eigenen Herzschlag vor dem Einschlafen, das Mitgehen im Rhythmus eines Gedichts – all das ist Praxis. Kein Tun, sondern Spüren.

📖 Philosophischer Hintergrund

Im nondualen Shaivismus ist Spanda jene Kraft, durch die das absolute Bewusstsein (Śiva) in sich selbst pulsiert – und so Vimarśa erzeugt: das bewusste Selbst-Erkennen.

Die Philosophen wie Kshemaraja betonen: Diese Schwingung ist nicht etwas Zusätzliches – sie ist die Lebendigkeit des Bewusstseins selbst. Meditation bedeutet dann nicht, etwas zu erzeugen – sondern dieser Bewegung zu vertrauen.

Diese Sichtweise steht im Kontrast zu vielen dualistischen Schulen, die zwischen Subjekt und Objekt, zwischen Körper und Geist trennen. Spanda lehrt Einheit: Jede Regung ist bereits Erkenntnis – wenn sie durchdrungen wird.

🧩 Verstehen ohne zu denken

Spanda ist kein Objekt. Du kannst es nicht "sehen". Doch du kannst es fühlen – in der Qualität eines Moments, der nicht erklärt werden muss.

Dieses fühlende Verstehen ist der Kern tantrischer Meditation: nicht ein Zustand, sondern ein Geschehen. Nicht kontrolliert, sondern empfangen.

Wenn du diesen Zugang kultivierst, wird dein Alltag zur Schulung. Nicht weil du ihn analysierst, sondern weil du dich ihm überlässt – mit gespürtem Bewusstsein. So wird jede Handlung – das Schreiben, das Zuhören, das Gehen – zu einer Bewegung in diesem Puls.

❓ FAQ: Häufige Fragen

Wie unterscheidet sich Spanda von Energiearbeit?

Spanda ist keine Technik zur Manipulation von Energie – sondern die feine, bewusste Bewegung des Bewusstseins selbst. Während klassische Energiearbeit häufig mit Konzepten wie Chakren, Energiebahnen oder Heilimpulsen arbeitet, verweist Spanda auf eine tiefere Schicht: jene subtile Resonanz, in der sich Bewusstsein selbst berührt und erfährt.

Spanda ist nichts, das du „tust“. Es ist etwas, das du wahrnimmst. Ein Erzittern, das geschieht, wenn du still wirst – nicht, weil du Energie leitest, sondern weil du deine Identifikation mit Tun und Denken löst.

📚 Weiterführende Quellen

🌙 Poetischer Ausklang

Lausche der Welt – nicht mit den Ohren, sondern mit deinem Innersten.
Spanda ist die Antwort, bevor du fragst.
Der Puls, bevor du einen Namen gibst.

Vielleicht ist Erkenntnis nichts anderes
als das Erzittern des Jetzt in dir.

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